3. Bogentechnik

3.1. Physikalische Grundlagen des Bogens

Im Gegensatz zu den heute gebräuchlicheren Jagdwaffen (Feuerwaffen), erfolgen beim Bogen die Energieabspeicherung und die Energieabgabe an das Projektil rein mechanisch.

Unabhängig vom Bogentyp sind die Wurfarme der „Motor“ eines jeden Bogens. Ähnlich dem Prinzip einer Blattfeder speichern die Wurfarme eine bestimmte Menge an Energie durch eine zunehmende Durchbiegung (Deflektion).

Diese Energiemenge wird von einer Vielzahl von Faktoren wie Wurfarmlänge, -bauart,  -werkstoff, -anstellwinkel, Gipfelzuggewicht etc. bestimmt. Die einzelnen Bogentypen unterscheiden sich bauartbedingt in ihrer Kapazität der Energieabspeicherung (Abb.1)

 

Abb. 1 Energieabspeicherung der verschiedenen Bogentypen.
 

Um die genaue Energiemenge, die ein Bogen abspeichern kann, zu ermitteln, bedarf es der Auswertung der „Federkennlinie“ oder auch „Kraftkurve“ (engl. „Force-Draw-Curve“).

Folgende Grafik zeigt am Beispiel eines Compoundbogens die entsprechende Federkennlinie und Energiemenge, welche durch den Schützen mittels Muskelkraft im Bogen erzeugt wird.

    Abb. 2 Federkennlinie Compoundbogen

 Abb. 3 Federkennlinie Recurve-/Langbogen

Abbildung 2 und 3 zeigen Beispiele der unterschiedlichen Federkennlinien von Compound- und Recurve- bzw. Langbogen. Die Fläche unterhalb der Linien definiert die gespeicherte Energiemenge, welcher beim Ablass, abzüglich der Reibungsverluste aller beweglichen Teile (besonders beim Compoundbogen), in den Pfeil transferiert und von diesem in Bewegungsenergie umgesetzt wird.

Je nach Bauart des Bogens und Effektivität der Komponenten wie Wurfarme und Cams (Umlenkrollen) fallen diese Energiemengen unterschiedlich aus.

Als ungefähren Anhaltspunkt kann man sagen, dass ca. 80-90% der gespeicherten Energie auch in Bewegungsenergie umgesetzt werden können.

Aufgrund der amerikanischen Wurzeln des modernen Bogenschiessens bzw. – jagens werden das Gipfelzuggewicht in lb. (1lb.=0,454kg) und die Auszugslänge in Zoll (1Zoll=2,54cm) angegeben.

Um nun die abgespeicherte Energiemenge zu berechnen, addiert man die jeweiligen Werte des Zuggewichts bei jedem Zoll Auszugslänge und erhält die Energieeinheit in.lb. (inch pounds).

Teilt man nun diesen Wert durch 12 erhält man die Einheit ft.lb. (foot pound), da 1ft. = 12 in. enthält.

 Foot-pound ist als Vergleichseinheit der in Europa gebräuchlichen Einheit J (Joule) zu betrachten.

1 ft.lb. = 1,356 Joule   bzw.  1 Joule = 0,74 ft.lb.

Einfaches Beispiel:

Man zieht einen Bogen um 3 Zoll aus.

Beim jedem Zoll misst man das Zuggewicht 4, 7 und 11lb.  Addiert ergibt das eine Energie von 22 in.lb. oder 1,833 ft.lb.  bzw. 2,49 Joule.

Je nach Gipfelzuggewicht, Auszugslänge und Effektivität des Bogens können moderne Jagdbögen eine Energiemenge von 70 bis 100 ft.lb. abspeichern. Bei Extrembögen für die Großwildjagd sind auch Bögen mit 120 ft.lb. und mehr keine Seltenheit.

 

3.2 Bogentypen ( Technische Details Bogengeometrie )

Ein Bogen besteht aus drei Teilstücken

A) Mittelsegment

B) Endsegmenten (Wurfarme und, gegeben falls, Umlenkrollen)

C) Sehnen- und gegebenenfalls Kabelsegment

A) Das Mittelsegment
ist das Stück, mit dem der Bogen gegriffen wird und der Pfeil angelegt bzw. aufgelegt wird. An den jeweiligen Enden des Mittelsegmentes schließen sich die Wurfarme an. Der Übergang zu den Wurfarmen war ehemals fließend.

Moderne Bögen haben ein ausgearbeitetes, verwindungssteifes Mittelteil mit einem ergonomischen Griff, einem Bogenfenster und entsprechenden Bohrungen zur Befestigung der Pfeilauflage, des Visiers und des Stabilisators. An den Enden des Mittelteils befinden sich Wurfarmtaschen zur Aufnahme der Wurfarme.

Verwendete Materialien beim Mittelteil sind meist diverse Metalle, sowie Kohlefaser und Holz. Es gibt drei geometrische Grundformen beim Mittelteil. Diese definieren sich durch die Lage der tiefsten Stelle des Griffstückes im Verhältnis zur theoretischen Verbindungslinie zwischen oberer und unterer Wurfarmauflagefläche  in den jeweiligen Enden der Wurfarmtaschen.

Hinweis: Die Betrachtung des Bogens geht von der Sehne aus auf das Griffstück zu.

-  Deflexes Mittelteil, die tiefste Stelle des Griffstückes liegt vor der theoretischen Verbindungslinie.

- Reflexes Mittelteil, die tiefste Stelle des Griffstückes liegt hinter der theoretischen Verbindungslinie.

- gerades Mittelteil, hier liegt die tiefste Stelle des Griffes auf der theoretischen Verbindungslinie.

Das deflexe Mittelteil (A.) erleichtert es den Bogen stabil auszurichten. Die Standhöhe (Distanz zwischen tiefster Stelle des Griffes und der Bogensehne) ist relativ hoch. Folge ist ein kürzerer Arbeitsweg und eine dementsprechende mäßige Energieabspeicherung.

Das reflexe Mittelteil (B.) hat meist eine geringere Standhöhe. Folge ist hier eine höhere Energieabspeicherung.
Das stabile Ausrichten des Bogens erfordert einen höheren Trainingsaufwand seitens des/der Schützen/in.

Das gerade Mittelteil (C.) stellt eine Zwischenlösung beider vorgenannten Mittelteilformen dar.

 

B) Sehnen- und Pfeilfreiheit
Viele Mittelteile haben die Option des „Schnittes über die Mitte“. Hierbei besteht die Möglichkeit den Pfeil von der Lage der Seiteneinstellung her zentrisch zu positionieren. Dies erleichtert das Einstellen des Bogens hin zu einem korrekten Pfeilflug.

Darüber hinaus ist der Ausschnitt oftmals so groß dimensioniert, dass es weder zu Interferenzen mit der Befiederung des Pfeils noch der Jagdspitze kommt.

Dieses Bauteil befindet sich am hinteren Schaftende und dient der Fixierung des Pfeils auf der Sehne des Bogens. Pfeilnocken bestehen zumeist aus einem schlagfesten Polycarbonat-Kunststoff und sind in den unterschiedlichsten Farben erhältlich.

Je nach Bauart des Pfeils werden die Nocken auf den hinteren Konus des Schaftes geklebt oder in den Schaft hineingesteckt.

Bei Holzschäften findet man auch eingearbeitete Nocken. Neu am Markt sind Nocken für Karbonschäfte aus Magnesium.

4.6. Flugstabilität (FOC)

Das Akronym FOC steht für „front-of-center“ und definiert den axialen Schwerpunkt des fertigen Schaftes.

Dieser Schwerpunkt liegt, von der geometrischen Mitte aus betrachtet, in Richtung der Spitze. Dieser Abstand von geometrischer Mitte und Schwerpunkt wird prozentual zur Gesamtlänge des Pfeils aufgerechnet, wobei man einen Pfeil stets vom Nockbett (Druckpunkt der Sehne) bis zum vorderen Schaftende OHNE die Spitze misst. Unter dem axialen Schwerpunkt versteht man den Punkt, auf dem man den Pfeil balancieren kann, ohne dass er in die eine oder andere Richtung kippt. 

Beispiel:

Bei einer Pfeillänge von 30“= 762mm liegt die geometrische Mitte bei 381mm.

Der axiale Schwerpunkt wird mit 100mm vor dem Mittelpunkt ermittelt.

Im Verhältnis zur Gesamtlänge entspricht dies einem FOC von (100x100:762) 13,1%.

Außenballistisch betrachtet sollte der Pfeil stets „von der Spitze gezogen werden“ anstatt diese „zu schieben“. Dies erreicht man mit einer entsprechend schweren Spitze, die den axialen Schwerpunkt entsprechend nach vorne verschiebt.

Eine ausreichende Flugstabilität ist zwar auch mit 5 oder 6% FOC möglich, jedoch wird ein Mindestmaß von 10% empfohlen. Ein Jagdpfeil unterliegt im Vergleich zu einem Turnierpfeil erhöhten Herausforderungen und sollte somit mit einem möglichst hohen FOC getunt werden.

12-20% sind dabei anzustreben.

Die Industrie bietet hierzu neben den Jagdspitzen in unterschiedlichen Gewichten entsprechenden Zubehör wie Gewindehülsen aus Messing, Stahladapter und Zusatzgewichte an.

           
            4.7. Auswahl von Jagdpfeilen

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